Dass der Mensch durchaus dunkle und voyeuristische Neigungen hat, dürfte ja im Grunde niemandem verborgen geblieben sein. Und die neuesten Veröffentlichungen zu diesem Thema stützen diese Erkenntnis auf ein Neues. Da wäre zum Beispiel die sympathische Datenkrake, die uns mit der Information konfrontiert, wonach wir Deutschen denn justament gerade suchen. Und ja, es ist ernüchternd. Statt Frühlingsgedichte von Rilke oder einigen Hintergrundinformationen zum Konflikt in der Türkei kommen scheinheilig blödelnde Komikerinnen, F-Prominente namens Georgina Fleur (wer immer das sein mag) oder mündliche Erklärungen des Hr. Douglas im Ranking weit vorne vor. Okay, die Flut ist auch mit dabei, wobei wir da wieder beim Voyeurismus angelangt sind.
Wenn aber das nun die Themen sind, nach denen wir selber suchen, wer will da die Medien noch kritisieren, dass sie heutzutage nicht selten geistig befreite Realityshows produzieren oder auch ewiggleiche Castingformate. Dass jetzt die RTL-Redaktion so halbseidige Themen googelt um sie ins Bewusstsein zu rücken will ja vermutlich keiner ernsthaft behaupten. Es zeigt aber auch, dass die ach so in den Hintergrund geredete Macht von Springer und anderer Verlage nach wie vor einen durchaus gewaltigen Einfluss hat. Denn gesucht bzw. diskutiert werden hier häufig immer noch die Angelegenheiten, die von eben jenen Newsdinosauriern gestreut werden und sorgsam unsere Blicke von wichtigeren Dingen ablenken. Häufig mag der Anstoß wiederum im sozialen Umfeld gelegen haben, aber den wirklichen Multiplikator bildet dann die Homepage von bild.de, express.de und Co. Was sich dabei ändert, ist das Selbstverständnis und die Fähigkeit, die Kommentierungsflut zu lenken oder vorherzuahnen. Dennoch werden originäre Informationen nach wie vor gefragt sein und aus werblicher Sicht ist dies auch zu begrüßen.
Inhalte einer Nachrichtenseite lassen sich genauso wenig steuern oder vorhersehen, dennoch bietet ein journalistisches Umfeld eine attraktivere Umgebung als eine Plattform, deren Inhalte aus den reinen Kommentaren von Usern bestehen. Die Erfahrung zeigt, dass ein Mindestmaß an redaktioneller Qualität häufig eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine ansprechende Konvertierungsrate bleibt. Natürlich spielen Daten und die Suche nach dem richtigen – weil im Produktfokus befindlichen – User eine zunehmend wichtige Rolle. Daten können uns die notwendigen Informationen liefern, so dass ich einerseits bewusst und selektiv die richtigen User anspreche und andererseits unterschiedliche User mit individuellen Botschaften adressieren kann. Um wirklich erfolgreich werben zu können brauche ich jedoch den Dreiklang aus Umfeld, Daten und dynamischer Kreation. Ein apologetisches herunterbeten von „Data-Only-Märchen“ ist genauso fehl am Platz wie eine dogmatische Umfeldorientierung. Denn eine redaktionelle Qualität lässt sich in vielen Bereichen finden und muss sich z.B. bei Tourismusprodukten nicht alleine auf Reiseseiten beschränken. Mittels Profilbildung eröffnen sich auch anderweitige Einsatzbereiche, die für eine erfolgreiche Kampagnenumsetzung genutzt werden können. Die Komplexität nimmt dabei naturgemäß zu, da ich mich in der Optimierung zunehmend in 3 Dimensionen bewege und nicht mehr in zwei. Aber es hat ja auch niemand behauptet, dass es einfacher werden würde. Ach doch, so mancher verwechselt Online Mediaplanung mit Massentierhaltung, aber das mag vielleicht am populistisch getrübten Blickwinkel liegen.